Datum 05.01.2018
Category Allgemein
Mietwageneigenschaft eines Fahrzeugs ist offenbarungspflichtig
Hintergrund

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug. Die Klägerin hatte das Fahrzeug bei dem Beklagten (gewerblicher Fahrzeughändler) erworben. Bei dem erworbenen Fahrzeug handelte es sich um ein vormals als Mietwagen genutztes Fahrzeug. Darüber wurde die Klägerin nicht aufgeklärt.
Sie wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten beraten. Dieser erklärte, dass er der Klägerin einen Nissan Qashqai aus einem Pool von 15 Fahrzeugen der Firma Nissan, die allesamt die gleiche Ausstattung hätten und Jahreswagen seien, besorgen könnte.

Am selben Tag unterzeichnete die Klägerin eine verbindliche Bestellung. Der Kaufpreis betrug 17.900,00 €. Auch hier war der Wagen lediglich als „Jungwagen/Jahreswagen“ beschrieben, von einer Nutzung als Mietwagen keine Rede. Sodann wurde der Klägerin das Fahrzeug in Rechnung gestellt.

Die Klägerin erklärte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz vergeblicher Aufwendungen.

Aussage

Das LG Limburg entschied, dass die Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 17.900,00 € unter Abzug eines Nutzungsersatzanspruchs gegen den Beklagten hat. Hierzu führt das Gericht aus:

„Der Beklagte hat die Kaufpreiszahlung ohne Rechtsgrund erlangt. Der zwischen den Parteien über das Fahrzeug geschlossene Kaufvertrag ist infolge Anfechtung gemäß §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB rückwirkend erloschen.

Der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter hat die Klägerin vorsätzlich über die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs getäuscht, indem er diese der Klägerin nicht offenbarte. Es liegt eine Täuschung durch Unterlassen vor.

Voraussetzung einer solchen ist, dass der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall redlicherweise eine Aufklärung über den verschwiegenen Umstand erwarten durfte. Es ist insbesondere über solche Umstände aufzuklären, die nur der eine Vertragsteil kennt und von denen er weiß oder wissen muss, dass die für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind. Erforderlich ist mithin ein erkennbares Informationsgefälle zwischen den Vertragsparteien.

Bei der Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens handelt es sich – jedenfalls im vorliegenden Fall- um eine aufklärungspflichtige Tatsache.

Die Mietwageneigenschaft ist zumindest bei jungen Gebrauchten mit einem Alter von unter einem Jahr und nur einem Vorbesitzer bei Vorliegen eines Gebrauchsgüterkaufs eine atypische Vorbenutzung, welche negativen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs hat. Für die Mietwageneigenschaft wird zumindest bei jungen Gebrauchtwagen gemeinhin ein Abschlag auf den sonst üblichen Kaufpreis vorgenommen. Kunden gehen davon aus, dass ein solches Fahrzeug einer stärkeren Abnutzung unterlag, da die zahlreichen Nutzer von Mietwagen aufgrund der nur kurzen und einmaligen Nutzung regelmäßig weniger pfleglich mit einem Fahrzeug umgehen, als Eigentümer oder Leasingnehmer, welche einen längerfristigen Nutzungshorizont haben.

Das mitunter gegen eine Aufklärungspflicht vorgebrachte Argument, bei Gebrauchtwagen im Alter von drei bis zwölf Monaten stelle eine frühere Nutzung als Mietwagen als üblich dar, vermag nicht zu überzeugen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Fahrzeuge mit einem alter von bis zu einem Jahr des Öfteren zuvor als Mietwagen genutzt worden sind, existiert am Markt gleichwohl eine große Zahl solcher Fahrzeuge ohne Vornutzung als Mietwagen. Es erschließt sich nicht, warum der Verkäufer – jedenfalls, sofern er Unternehmer ist – über den wertbildenden Faktor Mietwagen nicht aufklären müssen sollte, nur weil es des Öfteren auch einmal solche Vornutzung bei Gebrauchtwagen gibt. Schließlich existiert auch eine große Zahl von Fahrzeugen mit erheblichen Vorschäden. Gleichwohl ist der Verkäufer verpflichtet, deren Unfallwageneigenschaft zu offenbaren.“

Praxis

Das Urteil betrifft ausdrücklich den Verkauf durch einen Händler, nicht durch Privatpersonen. Der Händler darf sich nicht darauf berufen, dass Fahrzeuge, die bis zu einem Jahr alt sind und als „Jahreswagen“ bezeichnet werden, bekanntermaßen häufig als Mietwagen gelaufen sind.

Es besteht daher laut LG Limburg eine Pflicht des Händlers, ausdrücklich darüber aufzuklären, falls ein Wagen als Mietwagen gelaufen ist. Im Sinne der Beweissicherheit sollte dies immer im Kaufvertrag/ in der verbindlichen Bestellung vermerkt sein.

Teilen Sie den Artikel
Facebook Facebook Twitter Twitter